Weltfrauentag: Mädchen und Frauen in Lateinamerika feiern
Eine einzige Tortilla. Die mussten sich Louise und ihre Geschwister manchmal zum Essen teilen. Für mehr hatte es an solchen Tagen mal wieder nicht gereicht. Die Kinder sind zu sechst. Hunger kannte das Mädchen aus Honduras schon immer. Die Sorgen um ihre Geschwister kamen mit den Lebensjahren. Das Bedürfnis, sie zu schützen, der Wunsch, dass irgendwann alles besser wird, auch.
Nach dem Tod ihres Vaters wurde es schlimmer. Hatte das Geld davor schon nicht für alle gereicht, wurde die Situation danach zur Katastrophe. Wenn nicht einmal der Magen gefüllt werden kann, ist an Schule nicht zu denken. Und zuhause war sowieso noch genug zu tun. Der einzige Ausweg aus ihrer trostlosen Lage: damit versperrt.
Femizidrate in Lateinamerika erschreckend hoch
Wie Louise ergeht es etlichen Mädchen in Lateinamerika. Sie müssen nicht nur gegen die Herausforderungen einer armutsgeplagten Gesellschaft kämpfen, sondern auch gegen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Zwar haben viele Länder in der Region ihre Gesetzgebung verbessert, doch die Realität sieht nach wie vor anders aus.
Die Konsequenzen sind mitunter fatal: 14 der 25 Länder mit den höchsten Femizidraten weltweit befinden sich in Lateinamerika und der Karibik. An der Spitze steht Honduras. 2021 wurden in dem Land 4,6 von 100.000 Frauen umgebracht, weil sie eine Frau sind. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 0.27 pro 100.000. Die Statistiken spiegeln ein Bild wider, das in der vom „Machismo“ geprägten Gesellschaft noch dramatischer sein dürfte.
Rollenbilder aufbrechen
Damit sich das ändert und starke Frauen selbstbestimmt leben können, brauchen sie schon als Mädchen gleiche Chancen. Traditionelle Rollenbilder erschweren jedoch den Zugang zur Bildung. In armen Regionen müssen Mädchen oft schon sehr früh zuhause helfen, um das Überleben der Familie zu sichern. Zeit für einen Schulbesuch bleibt kaum. Damit schrumpfen nicht nur die Chancen auf dem sowieso angespannten Arbeitsmarkt, sondern auch die Möglichkeiten, ein selbstständiges Leben zu führen.
Bildung als Ausweg
nph fördert Mädchen deshalb gezielt durch Bildung. In Kindergärten, Schulen und Werkstätten werden sie dabei unterstützt, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Mädchen und Frauen erhalten bei nph eine fundierte Ausbildung (auch in traditionellen Männerberufen), Kurse zur Stärkung der Persönlichkeit, therapeutische Begleitung nach traumatischen Erfahrungen und ein sicheres Umfeld, im dem sie sich frei entfalten können.
So können Mädchen den Kreislauf der Armut durchbrechen. Zahlreiche Studien belegen, dass gerade Bildung nicht nur für sie selbst wichtig ist, sondern auch für die Gesamtgesellschaft: niedrigere Geburtenrate, niedrigere Kindersterblichkeit, bessere Gesundheit der Mütter und ihrer Kinder, geringere Armutsrate und weniger Kinderehen sind nur einige Punkte, die mit dem Bildungsstand in Zusammenhang stehen.
Louise findet Leidenschaft in männerdominierter Branche
Auch Louise hat diese Chance erhalten. 2014 landete sie mit acht Jahren bei nph. Hier bekam sie die Liebe und Geborgenheit, die sie brauchte. Das Mädchen kam endlich an, schöpfte wieder Hoffnung.
Mittlerweile ist Luise 17 Jahre alt und eine junge Frau geworden, die sich von den traditionellen Rollenbildern nicht mehr einschränken lässt. Durch nph hat sie ihre Leidenschaft fürs Schweißen entdeckt und wird dreimal die Woche darin unterrichtet. „Eines Tages würde ich gerne in meinem eigenen Zuhause schweißen und vielleicht sogar meine eigene Werkstatt haben“, erzählt sie. Nach der weiterführenden Schule möchte Louise ihr Geld einmal selbst verdienen. Sie will ihre Geschwister unterstützen und ihre Zukunft selbst gestalten.
„Celebrate her“ soll Bewusstsein schaffen
Mädchen und Frauen in Lateinamerika müssen täglich mit vielen Herausforderungen kämpfen. Es ist noch ein weiter Weg zur Gleichberechtigung, aber sie sind bereit, ihn zu gehen. Um ihre Stärke zu feiern, startet nph Kinderhilfe am heutigen Weltfrauentag die Kampagne „Celebrate her“ und nimmt in diesem Zusammenhang sieben Monate lang verstärkt unsere weiblichen Mitmenschen in den Blick. Damit mehr Mädchen die Chance auf eine selbstbestimmte Zukunft erhalten.
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